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Risikomanagement nach dem Brexit: So geben Sie Ihren Stakeholder Sicherheit

11. Juli 2016
Auch wenn Großbritannien noch zwei Jahre ganz normales EU-Mitglied bleibt – die Unsicherheit ist groß: Wie können Unternehmen die branchen- und unternehmensspezifischen Folgen des Brexit abschätzen? Wie verändert sich ihr Geschäftsumfeld? Und am allerwichtigsten: Welche Maßnahmen sollten sie zuerst treffen? Lesen Sie hier, wie Sie die Risiken, die der Brexit für Ihr Unternehmen bedeutet, genau einschätzen und bewerten können.
Flagge von England und die Flagge der Europäischen Union vor einem hohen Gebäude, symbolisiert den Brexit

Großbritannien ist für viele deutsche Unternehmen ein sehr bedeutender Markt – für die deutsche Automobilindustrie beispielsweise der zweitwichtigste nach den USA: Ein Fünftel der in Deutschland gebauten PKW wird auf der Insel verkauft. Gleichzeitig ist Großbritannien zentraler Produktionsstandort. BMW beschäftigt 8.000 Menschen in vier Fabriken. Rechnet man die Zulieferbetriebe hinzu, sind es sogar 50.000 Menschen.

Eines ist jetzt sehr wichtig: Kommunizieren Sie Ihren Mitarbeitern, Kunden und anderen Stakeholdern so schnell wie möglich, wie sich der Brexit auf Ihr Unternehmen auswirken kann. Passen Sie also Ihren Risikolagebericht entsprechend an:
• Benennen Sie die kurzfristigen Effekte wie etwa die Neubewertung der Devisen-Cashflows.
• Beschreiben Sie die langfristigen Auswirkungen auf Geschäftsmodell und Strategie.
• Benennen Sie die Maßnahmen, die Sie ergreifen werden, und die Personen, die dafür verantwortlich sind.

Risikoanalyse Schritt für Schritt.
Wichtig dafür ist eine eingehende Risikoanalyse, welche die kurz-, mittel- und langfristigen Auswirkungen auf alle Unternehmensbereiche (Personal, Vertrieb, Regulierung, Gesetze, Finanzen, Informationstechnologie und Versicherungen im Rahmen von Risikobewältigungsmaßnahmen) berücksichtigt und quantifiziert.

Identifikation von Risiken:
Identifizieren Sie zunächst die Felder, die für Sie und Ihr Unternehmen relevant und mit Unsicherheit behaftet sind. Dies können beispielsweise sein:
• Politische Prozesse:
Ist der Brexit nun ein abschreckendes Beispiel oder taugt er als Vorbild für andere EU-Länder, die die EU verlassen wollen? Wird sich die EU als Antwort auf den Brexit reformieren und die wirtschaftliche und politische Integration vorantreiben oder ist der Brexit der Startschuss für den beginnenden Zerfall der Eurozone? Welches politische Szenario eintritt, bleibt abzuwarten. Sicher ist jedoch, dass es die Finanzmärkte, Institutionen und die Realwirtschaft beeinflussen wird.
• Finanzmärkte:
Wie sich der Brexit auf die Devisen-, Aktien- und Bondmärkte auswirken wird, ist unsicher. Schon jetzt zu spüren ist, dass die Abwertung des Pfunds deutsche Produkte in Großbritannien teurer macht.
• Außenhandelsregime:
Die Hälfte der britischen Exporte geht in die EU. Weil jedoch gut sieben Prozent der deutschen Exporte auf die Insel gehen, wird der Brexit auch den deutschen Unternehmen schaden.
• Realwirtschaft:
Hier gilt es unter anderem, die „Ansteckungsmechanismen“ zu verstehen: In den Tagen nach dem Referendum beispielsweise sanken die Kurse europäischer Bankaktien sehr stark – es zeigte sich, wie verwundbar die Banken sind. Aus konjunktureller Sicht würde dies zum Problem, wenn Banken wegen des Kursverfalls weniger Darlehen vergeben.

Szenarien entwickeln, Risiken bewerten.
Sobald Sie die „unsicheren“ Felder identifiziert haben, können Sie verschiedene Szenarien für Einzelrisiken und Risikofelder bilden, die Wahrscheinlichkeit für deren Eintritt abschätzen und anschließend kombinieren, um Auswirkungen auf das Unternehmen zu analysieren.
Werden Produktionskosten steigen, sodass die Rendite fällt? Oder brechen Marktanteile für bestimmte Produkte weg, weil es Substitute gibt oder die Preiselastizität für ein bestimmtes Produkt sehr hoch ist? Eine Diskussion der verschiedenen Instrumente zur Bewertung von Risiken finden Sie hier in unserem Fachartikel.

Strategie anpassen, Maßnahmen ableiten.
Projizieren Sie anschließend die Szenarien und deren Sensitivität (Auswirkungsanalyse) auf die Planung, fassen Sie die Risiken zusammen, definieren Sie deren Auswirkungen auf die Strategie und das strategische Risikomanagement. Daraus lassen sich passende Maßnahmen ableiten.
Diese Ergebnisse fließen in den Risikolagebericht ein (s. o.), den Sie so schnell wie möglich an Ihre Stakeholder kommunizieren sollten. Denn nichts belastet die Beziehung zu Ihren Kunden und Stakeholdern so sehr wie unklare Zukunftsperspektiven für Ihr Unternehmen. Und das gilt nicht nur für den Brexit, sondern auch für viele andere wirtschaftliche und politische Entwicklungen, denen Ihr Unternehmen täglich begegnen muss.

Ein Beitrag von Felix Walther, Unternehmensberater und Experte für Risikomanagement der HENDRICKS, ROST & CIE. GmbH.