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Expertenbeitrag von Hagen Glatzel im Business Intelligence Magazin, Dezember 2015

Reifegradmodell.

Durch die Digitalisierung kommen in Unternehmen auch die Business Intelligence-Prozesse auf den Prüfstand. Der Pharmahersteller Helixor entwickelt dabei innovative Ansätze für die Organisations-Gestaltung.

Viele Unternehmen stecken in einem «Digitalisierungsdilemma»: Sie verwenden moderne Business Intelligence-Systeme zur Planung, Simulation und Analyse ihrer Geschäftsdaten. Doch werden viele digitale Informationsquellen nicht ausreichend eingebunden. Damit werden wichtige Steuerungsaspekte vernachlässigt.

Einen Schritt weiter geht jedoch der Heilmittelhersteller Helixor, der gemeinsam mit den Beratern der HENDRICKS, ROST & CIE. GmbH ein neuartiges Reifegradmodell zum Einsatz gebracht hat und somit den tradierten Analyseweg verlässt. Das Unternehmen – seit 40 Jahren am Markt, 85 Mitarbeiter – produziert und vertreibt pflanzliche Arzneimittel.

Schwerpunkt integrative Onkologie.

Damit besetzt es eine spezielle Nischenposition an der Schnittstelle zwischen konventioneller und komplementärer Medizin, mit Schwerpunkt auf der integrativen Onkologie. Der gesamte Produktionsprozess, von der Ernte über die Herstellung bis hin zu Marketing und Vertrieb, erfolgt direkt vor Ort am Unternehmenssitz auf der Schwäbischen Alb. Helixor legt zudem viel Wert darauf, dass ein eigenes Team aus fest angestellten Ärzten sowohl in der Forschung und Entwicklung als auch in der medizinischen Beratung tätig ist.

Klare Grenzen der Marktbearbeitung.

Alleiniger Eigentümer des pharmazeutischen Unternehmens ist eine gemeinnützige Stiftung. Die erwirtschafteten Erlöse fließen allesamt in die Förderung verschiedener medizinischer, sozialer sowie pädagogischer Institutionen und Forschungsprojekte.

Helixor verfolgt demnach keine ausschließlich ökonomischen Interessen im Sinne einer Gewinnmaximierung. «Dieser voll regulierte, gemeinnützige Markt erfordert umfassende Ressourcen im Bereich Forschung und Entwicklung und definiert zugleich klare Grenzen der Marktbearbeitung», sagt Unternehmenschef Raffaele Costantini. Insofern scheiden bei Helixor herkömmliche Marketing- und Vertriebsansätze wie die klassische «Above-the-line»-Werbung oder direkte Produktreklame aus.

Selbstverständnis der stilleren Wege.

Entsprechend dieses sehr eindeutigen Selbstverständnisses der stilleren Wege legt das Management bei Helixor großen Wert auf vertrauensvolle, langfristige Kundenbeziehungen – auch im digitalen Zeitalter. Verlässliche Annahmen für die Zukunft sind für das Unternehmen nach Aussage von Costantini indes umso wichtiger, da die Digitalisierung mit einem rasanten Tempo voranschreitet, «wir uns aber von der Produktentwicklung bis zum Marktangang in einem typischen Zeitraum von 15 Jahren bewegen.»

Sechs Bausteine im Spinnennetz.

Konkret erwägt das schwäbische Unternehmen, eine Erweiterung seines Produktangebots vorzunehmen. Dies ist bei Helixor aber immer mit der festen Auflage verbunden, dem wissenschaftlichen Anspruch des Unternehmens zu genügen und auf keinen Fall Trend- oder Lifestyleprodukte zu produzieren. Die Helixor-Werte Nachhaltigkeit und Vertrauen müssten weiterhin im Fokus stehen, betont der Unternehmenschef.

Um die bestmöglichen Steuerungskonzepte eruieren zu können, kam die neu entwickelte Reifegradbewertung der HENDRICKS, ROST & CIE. GmbH zum Einsatz. Dabei werden die Bausteine Markt & Kunde, Organisation, Führung & Kultur, Prozesse, Daten & Information sowie IT in einem sechsachsigen Modell miteinander in Bezug gebracht. Hinsichtlich einer etwaigen Akquisition, etwa für die «digitale Fitness», läuft diese Methode wie folgt ab:

Konkret prüft das Modell, wie gut Helixor heute aufgestellt ist. Anschließend können konkrete Maßnahmen erarbeitet und Veränderungsimpulse an die Organisation zurückgegeben werden. Im Detail geschieht die Reifegradbewertung in drei Schritten: Es erfolgt zunächst die Ableitung der Anforderungen aus der Unternehmensstrategie. Dafür nehmen die Berater die Umwelt des Unternehmens, die daraus resultierenden externen Erfolgsfaktoren und die Unternehmensstrategie selbst unter die Lupe. Aus diesen Erkenntnissen lassen sich dann gegebenenfalls schon wichtige Inkonsistenzen ableiten.

Ermittlung der Soll-Situation.

Gemeinsam mit Fachbereichen und IT erstellen sie anschließend eine Roadmap – so läuft die Ermittlung der Soll-Situation. Darauf folgt die Konkretisierung der Ist-Situation – die praktische Umsetzung der Reifegradbewertung. Realisiert wird dies durch sehr granulare, bis zu 80 Fragen umfassende Interviews mit den Stakeholdern des Unternehmens.

Dieser Moment ist denn auch der spannendste des gesamten Prozesses, weil sich in dieser Hinsicht das Vorgehen von traditionellen BI-Methoden unterscheidet. Beispielsweise beim Punkt «Markt- und Kundenverständnis»: Hier fließen zunächst einmal die klassischen Werte wie Kundenpotential- und Programmstrukturuntersuchungen mittels ABC-Analysen oder Kundenwertbeiträge ein.

Visualisierung der Reifegradbewertung.

Bei der Entwicklung der Modelle wurden in der Projektarbeit bei Helixor zwei verschiedene Darstellungsmöglichkeiten eingesetzt: eine tabellarische Darstellung und ein Spinnennetzdiagramm. Je nach Geschmack und Vorlieben der Entscheider helfen beide Visualisierungen.

Wertschöpfung in allen Bereichen.

Darüber hinaus werden beim Blick auf «Führung & Kultur» mithilfe des Riemann-Thomann-Modells zum Beispiel die Konflikt- und Innovationsfähigkeit oder die Flexibilität der Unternehmen betrachtet. Von Vorteil ist dabei, dass das Management nicht nur den Ist-Zustand und die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen sieht, sondern dass auch der Soll-Zustand dokumentiert und gezeigt wird. Die daraus resultierenden Praxisratschläge gewinnen somit an Plausibilität. Die Resultate schließlich führen die Berater aus allen Themenbereichen zusammen und konsolidieren sie.

Der dritte Schritt des Reifegradmodells ist schließlich dessen Übertragung in praktische Optimierungspotentiale. «Wir haben die Handlungsfelder in Workshops identifiziert und konkrete Maßnahmen erarbeitet», sagt Hagen Glatzel, Berater bei HENDRICKS, ROST & CIE. Diese Maßnahmen lassen sich pragmatisch für die Organisation des Unternehmens einsetzen, beispielsweise im Daten und Informationsmanagement. So stellte sich bei Helixor heraus, dass für ein Enterprise Information-Model (EIM) zwar einige wenige ausgewählte Entitäten – etwa Kunden, Verträge oder Produkte – definiert sind, aber kein vollständiges EIM vorhanden ist. Dieses Fehlen führt dazu, dass es durch eine historisch gewachsene IT-Struktur zu nicht immer einheitlichen Aussagen bei dennoch gleichen Fragestellungen kommt. «Dies geschieht aufgrund unterschiedlicher Definitionen und eines Mangels an klaren Datenverantwortlichkeiten», sagt Glatzel, der gerade eine allgemeine Studie über die internen und externen Erfolgsfaktoren in Bezug auf das Reifegradmodell vorbereitet.

Das Praxisbeispiel des Pharmaunternehmens Helixor zeigt, dass eine Reifegradbestimmung sich auch im Controlling behaupten und dem Unternehmen auch Wertschöpfung bringen kann. Raffaele Costantini zieht auf jeden Fall ein positives Fazit des Projekts: «Es hat sehr viel mit ,Erkenne dich selbst‘ zu tun, wenn man sich für eine solche Methodik entscheidet. Für uns war es richtig, dieses neue Reifegradmodell zu wählen.»

Helixor – Ein Unternehmen für ganzheitliche Medizin.

Die Helixor Heilmittel GmbH & Co. KG konzentriert sich auf die Herstellung und den Vertrieb pflanzlicher Arzneimittel für die komplementäre Therapie auf der Grundlage der Anthroposophischen Medizin. Der Standort des Unternehmens ist die Fischermühle in Rosenfeld am Rande der Schwäbischen Alb. Von hier aus steuert das Management alle Aktivitäten – von der Ernte der Heilpflanzen und deren Verarbeitung über die Forschung bis hin zum Marketing sowie dem nationalen und internationalen Vertrieb. Helixor ist weltweit aktiv und hat Vertriebspartner und Kunden in über 20 Ländern. Produktschwerpunkte sind Injektionsprodukte aus der Mistel sowie der Christrose (Helleborus). Die weißbeerige Mistel (Viscum album) ist das am häufigsten eingesetzte und wissenschaftlich am besten geprüfte Arzneimittel der komplementären Medizin.

Bis heute wurde die Wirkung der Mistel in über 100 klinischen Studien bei verschiedenen Krebserkrankungen untersucht. 26 dieser Studien erfolgten mit Produkten von Helixor. Auch Arzneimittel aus Helleborus (Helleborus niger = Christrose, Helleborus foetidus = stinkende Nieswurz) werden in der komplementären Medizin mit Erfolg eingesetzt.
Beide Therapieansätze basieren auf der Anthroposophischen Medizin, die sich als eine geisteswissenschaftliche Erweiterung zu der klassischen Schulmedizin versteht und den Menschen in seiner Ganzheit betrachtet. Sie ist heute Teil einer integrativen Tumortherapie. Dieser ganzheitliche Ansatz verfolgt die gleichzeitige oder gemeinsame Behandlung von Tumorpatienten in der Verknüpfung von komplementär-medizinischer Therapie und Schulmedizin. In diesem Umfeld sieht sich Helixor als Schnittstelle zwischen konventioneller und integrativer Medizin.

Deshalb verstehen sich die Produkte des schwäbischen Pharmaunternehmens nicht als Teil einer «Alternativmedizin», sondern der integrativen Krebsmedizin. Deren Therapien sind nicht nur darauf ausgerichtet, eine Krankheit zu beseitigen, sondern im Menschen ein in ihm schlummerndes Entwicklungspotential zu wecken, das die Krankheit nutzt, um daraus gesünder und gereifter hervorzugehen. Sie fördert die Eigenaktivität der Patienten und baut auf deren Mitarbeit.
Dazu gehört es auch, die Selbstheilungskräfte des Organismus zu aktivieren. Anthroposophische Medizin orientiert sich darauf, im Sinne der Salutogenese die in jedem Menschen vorhandenen Gesundheitsquellen zu erschließen. Sie arbeitet ressourcenorientiert, das heißt, sie fördert die Fähigkeiten eines Menschen und betont nicht seine Schwächen.

Die anthroposophische Medizin bezieht die Patienten als aktiv mitgestaltende Partner in die Therapie mit ein. Das liegt im Trend, denn immer mehr Patienten wollen heute nicht mehr nur auf ihre Krankheit reduziert werden. Viele befolgen nicht mehr einfach blind, was der Arzt ihnen vorgibt. Vielmehr wollen sie als Patienten in ihrer Selbstbestimmung respektiert und eigenverantwortlich in die Therapie eingebunden werden.

Die Helixor-Arzneimittel werden in einem besonderen Herstellungsprozess einschließlich aller Verfahren nach den internationalen Vorschriften der «Good Manufacturing Practice» (GMP) produziert. Dabei arbeitet das Unternehmen kontinuierlich mit Universitätskliniken, Ärzten und Wissenschaftlern im klinischen und präklinischen Bereich zusammen. Aufgrund dieser umfangreichen Forschungskooperationen sind die Wirksamkeit und die Unbedenklichkeit der Produkte nach Angaben von Helixor belegt.

Ein Beitrag von Hagen Glatzel, Consultant bei HENDRICKS, ROST & CIE.

Quelle: BUSINESS INTELLIGENCE MAGAZINE, www.bi-magazine.net
© ProfilePublishing Germany GmbH 2014_2015. Alle Rechte vorbehalten.

Ein Beitrag von Hagen Glatzel, Berater bei HENDRICKS, ROST & CIE. GmbH

Quelle: BUSINESS INTELLIGENCE MAGAZINE, www.bi-magazine.net
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