Startseite Insights HRCIE-News Künftiger US-Präsident Trump: Die Rückkehr der geopolitischen und makroökonomischen Risiken – und wie sich Unternehmen darauf vorbereiten können.

Künftiger US-Präsident Trump: Die Rückkehr der geopolitischen und makroökonomischen Risiken – und wie sich Unternehmen darauf vorbereiten können.

11. Januar 2017

Auch mit etwas zeitlichem Abstand betrachtet, bleibt die Wahl von Donald Trump zum 45. Präsidenten der USA umstritten – insbesondere in Europa. Nach wie vor herrscht Unsicherheit darüber, wie diese Wahl aus politischer und ökonomischer Sicht zu beurteilen ist. Lesen Sie hier, welche Risiken mit dieser Wahl verbunden sind – und wie Unternehmen darauf reagieren können.

Donald Trump, der mit dem Finger nach links zeigt

Kurz- und langfristige Folgen der Wahl – und viele offene Fragen
Der OPEC-Deal und der antizipierte Konjunkturstimulus treiben die Inflation an. Die Leitzinserhöhung durch die FED hat den Dollar massiv gestärkt, es werden drei weitere Anhebungen erfolgen. Wie aber wirkt sich ein aufgewerteter Dollar auf China und die (Schwellen-)Länder aus, in die deutsche Unternehmen exportieren? Gibt es Entwicklungen, wie z. B. die enormen Dollar-Schulden in manchen dieser Schwellenländer, die zu einer nächsten Finanz- oder Wirtschaftskrise führen können? (Quelle 1) Langfristig müssen sich insbesondere exportorientierte Unternehmen mit der Frage beschäftigen, wie sich die USA in Zukunft außenpolitisch orientieren werden. Bleibt der Trend zu bilateralen Handelsabkommen bestehen? Wie wird der Welthandel der Zukunft aussehen? Und wie werden sich dabei die Machtverhältnisse zwischen Amerika, Europa und den BRIC-Staaten verschieben?

Warum die Bewertung geopolitischer und makroökonomischer Risiken so wichtig für deutsche Unternehmen ist
Der Exportanteil am BIP lag 2015 bei rund 47 % – und die USA wurden erstmals seit vier Jahrzehnten der wichtigste Handelspartner der deutschen Unternehmen mit einem Anteil von 15 – 20 % der Exporte; davor war es Frankreich. 2015 wurden Waren im Wert von 173,2 Mrd. Euro zwischen den USA und Deutschland ausgetauscht, der Exportüberschuss betrug 53,6 Mrd. Euro zugunsten von Deutschland (113,73 vs. 60,22 Mrd. Euro). (Quelle 2) Die betroffenen Industrien sind Automotive (34 Mrd. Euro), Maschinenbau (16,8 Mrd. Euro), Elektrotechnik (15,9 Mrd. Euro), Datenverarbeitungsgeräte mit 9,5 Mrd. Euro und chemische Erzeugnisse mit 6 Mrd. Euro. (Quelle 3)

Weil die USA ein so wichtiger Handelspartner für deutsche Unternehmen geworden sind, sehen diese sich mit folgenden wichtigen Fragen konfrontiert:

  • Worin genau besteht die Unsicherheit, die durch die Wahl Trumps entstanden ist?
  • Wie können Unternehmen die branchen- und unternehmensspezifischen Folgen abschätzen?
  • Welche Maßnahmen sollten zuallererst getroffen werden?
  • Welche strukturellen Änderungen am Geschäftsumfeld werden durch die Wahl Trumps ausgelöst und wie sollten sich Unternehmen anpassen?

Ziel muss es für ein Unternehmen immer sein, folgende Dinge zu erreichen:

  • Kommunikation nach innen und außen von
    – kurzfristigen Effekten wie Neubewertung der Devisen-Cashflows
    – langfristigen Auswirkungen auf Geschäftsmodell und Strategie
    – Maßnahmen und Verantwortlichkeiten
  • Eine eingehende Risikoanalyse, welche die Auswirkungen auf alle Unternehmensbereiche (Personal, Vertrieb, Regulierung, Gesetze, Finanzen, Informationstechnologie und Versicherungen) berücksichtigt
  • Eine Szenarioanalyse, um mögliche zukünftige Umweltzustände bewerten zu können; das ursprünglich für strategische Planungen entwickelte Instrumentarium bietet sich hier gut an, denn je höher die Anzahl der zu beobachtenden und sich gegenseitig beeinflussenden Parameter, desto schwieriger werden Wenn-dann-Aussagen

Vorgehensweise: So bewerten Sie die relevanten Risiken
Identifizieren Sie zunächst die Felder, die mit Unsicherheit behaftet sind – etwa im Rahmen eines Workshops – und ordnen Sie sie in den Risikokatalog ein (den Sie ebenfalls im Rahmen eines Workshops erheben können). Sinnvoll ist es unter Umständen, alle im Zusammenhang mit der Wahl Trumps identifizierten Risiken im Risikomanagementsystem mit einem „Tag“ (bspw. #Trump) zu versehen – so ist eine Auswertung über alle Risikokategorien möglich.
Beispiele für Felder, die mit Unsicherheit behaftet sein könnten:

  • Finanzmärkte (Devisen-, Aktien- und Bondmärkte) – Umfang und Zeitrahmen der Verwerfungen ist unsicher; die Aufwertung des Dollar macht deutsche Produkte in den USA zwar billiger, kann aber gleichzeitig die Wirtschaft anderer Länder, mit denen deutsche Unternehmen Handel betreiben, in eine Krise treiben
  • Außenhandelsregime – Auswirkungen von Zöllen und bilateralen Handelsabkommen sind unklar
  • Realwirtschaft – es gilt, die Ansteckungsmechanismen zu verstehen und einzuschätzen

Im nächsten Schritt nehmen Sie eine Auswirkungsanalyse vor:
Bewerten Sie die einzelnen Risiken – z. B. starke oder leichte Aufwertung des Dollar, geringe Handelsbeschränkungen bis Handelskrieg – mit den jeweiligen Wahrscheinlichkeiten. Diese können Sie in einer Uncertainty Map abbilden. Kombinieren Sie dann verschiedene Ausprägungen, um Szenarien zu bilden, und bewerten Sie, wie sich die Szenarien auf die Branche, das Unternehmen auswirken. Reduzieren Sie schließlich die Anzahl der bewerteten Szenarien zugunsten einer detaillierteren Analyse der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge. Diese können Sie bspw. in einer Impact-Influence-Matrix darstellen. Das erleichtert es später, geeignete Ansatzpunkte für die Steuerung zu finden.

Beispiel: Ziele „Konjunkturpaket“ vs. „Reduzierung des Außenhandelsdefizits“
Trumps Wahlprogramm war in großen Teilen ein US-Wachstumsprogramm. Ein zentraler Punkt war dabei das Zurückfahren geldpolitischer Anreize zugunsten fiskalpolitischer wirtschaftlicher Anreize, etwa in Form von Investitionen in die Infrastruktur (bis zu 500 Mrd. US-Dollar über 5 Jahre). Fiskalpolitische Maßnahmen führen zumindest kurzfristig zu mehr Wachstum, zu einer höheren Verschuldung, Inflation und in Folge zu einem Anstieg der Zinsen. Der Dollar wertete seit der Wahl Trumps auf den höchsten Stand seit 2003 gegenüber dem Euro auf. Besonders betroffen davon sind Unternehmen in Schwellenländern, die auf Dollar-Krediten mit einem Volumen von 10 Billionen US-Dollar sitzen. Schuldenkrisen samt Rating-Abstufungen in diesen Ländern würden die Umsatzchancen deutscher Unternehmen in diese Länder reduzieren sowie die Refinanzierungskosten für Exportfinanzierungen erhöhen. Da sich ein stärkerer Dollar negativ auf amerikanische Exporte auswirkt, könnte Trump gezwungen sein, Handelsbarrieren zu errichten, um einer Ausweitung des Außenhandelsdefizits entgegen zu wirken. In Summe ergibt sich aus diesem Szenario ein negativer Ausblick auf die Gewinne deutscher Unternehmen.

Projizieren Sie danach die Auswirkungsanalyse bzw. die entwickelten Szenarien auf die Planung, fassen Sie die Risiken zusammen und entwerfen Sie entsprechende Maßnahmen für Ihre Strategie und das strategische Risikomanagement. Kommunizieren Sie abschließend die Szenarioanalysen und die daraus abgeleiteten Maßnahmen.

Fazit: Strategisches Risikomanagement bietet Sicherheit
Das Referendum in Großbritannien über den Brexit, die Verfassungsreform in Italien oder die Präsidentschaftswahl in Österreich waren mit ähnlichen Unsicherheiten verbunden wie die Wahl von Donald Trump zum US-amerikanischen Präsidenten. Und mit all diesen Ereignissen gingen und gehen ebenfalls politische Instabilität und geopolitische Risiken einher. Unternehmen weltweit müssen deshalb anlässlich solcher Einschnitte bewerten, wie sich das politische und makroökonomische Umfeld verändert, in dem sie sich bewegen – und vor allem müssen sie einschätzen, wie sehr sie sich diese Veränderungen auf das eigene Geschäftsmodell auswirken. Das strategische Risikomanagement mit der hier dargestellten Vorgehensweise bietet dafür ein sehr gut geeignetes Instrumentarium.

Ein Beitrag von Felix Walther, Unternehmensberater und Experte für Risikomanagement der HENDRICKS, ROST & CIE. GmbH.