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Experteninterview mit Herrn Sascha Luithardt

15. November 2016

Sascha Luithardt ist Projektleiter und verantwortet im Digital Customer Office der Wüstenrot & Württembergische AG die Umsetzung verschiedener digitaler Maßnahmen. Er gehört außerdem zu den digital citizens (DC) – rund 20 Mitarbeitern aus verschiedenen Geschäftsfeldern der W&W-Gruppe, die die interne Vernetzung im Rahmen der Digitalisierung vorantreiben.

Digitalisierung betrifft alle Unternehmen und Branchen und macht auch vor Finanzdienstleistern nicht Halt. Wir sprachen mit Sascha Luithardt darüber, was die Digitalisierung für die Wüstenrot & Württembergische AG (W&W) bedeutet. Wie haben sich die Anforderungen der Kunden verändert und welche Konsequenzen muss die W&W AG daraus ziehen?

HRCIE: „Was verändert sich durch die Digitalisierung bei den Versicherungsunternehmen? Und welche Rolle spielt der Kunde dabei?“

Sascha Luithardt: „In der Vergangenheit hatten Kunden deutlich weniger Informationsmöglichkeiten über Finanzprodukte wie heute. Der Generalagent oder der Versicherungsmakler waren daher erste Anlaufstelle, die alle Fragen und Rahmenbedingungen rund um die Versicherungspolice beantworteten und erläuterten. Zwischen Kunde und Versicherung gibt es meist zwei große Kontaktpunkte: Wenn der Kunde eine Versicherung abschließt – falls die Versicherung dies über einen eigenen Vertrieb realisiert – und wenn es Schäden zu bearbeiten gilt. Durch die Digitalisierung verändert sich allerdings der bisherige Prozess. Bevor die Kunden mit dem Versicherungsunternehmen in Kontakt treten, können sie sich in den digitalen Medien über die Angebote der unterschiedlichen Anbieter und auch das Versicherungsunternehmen selbst umfassend informieren. Im Kontakt mit dem Versicherungsunternehmen erwartet der Kunde einen passenden Service und gute Beratung, basierend auf den bestehenden digitalen Informationen – der Kunde ist stärker und mächtiger geworden.“

HRCIE: „Wie wirken sich veränderte Bedarfe des Kunden auf die Wertschöpfung aus?“

Sascha Luithardt: „Neue Produkte müssen noch kundenzentrierter entwickelt werden. Ein aktueller Trend geht in Richtung Kurzzeitversicherung für spezielle Anlässe, ein anderer in Richtung permanente Datenerhebung und -auswertung für neue Angebote wie z. B. „Pay as you drive“. Daraus ergeben sich neuen Geschäftsmodelle, die wiederum neue Kompetenzen erfordern – insbesondere am Front-End zum Kunden. Versicherungen müssen sich entscheiden: Wollen sie sich auf die Kernkompetenz „Versichern“ konzentrieren? Oder wollen sie zusätzlich die Kompetenz entlang der erforderlichen Kundenkontaktstrecke aufbauen?“

HRCIE: „Wie werden die Ideen und Gedanken der Digitalisierung in das Unternehmen getragen?“

Sascha Luithardt: „Die W&W AG hat zur internen Kommunikation des Themas die Gruppe der digital citizens (DC) eingerichtet, zu der ich auch gehöre. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen dieser Gruppe diskutieren wir im Rahmen vieler Veranstaltungen mit den Mitarbeitern, was die Digitalisierung für unser Unternehmen bedeutet. Anhand von Beispielen verdeutlichen wir, wie sich der Bedarf der Kunden durch die digitalen Medien verändert und welche Konsequenzen und Maßnahmen sich daraus für das Handeln des Unternehmens und somit auch für uns Mitarbeiter ergeben.“

HRCIE: „Können Sie uns ein Beispiel für digitale Maßnahmen nennen?“

Sascha Luithardt: „Aktuell stehen digitale Maßnahmen im Vordergrund, die den Kundennutzen noch weiter erhöhen. Bisher mussten beispielsweise Zahnarztrechnungen per Post an die Versicherung gesendet werden. Jetzt können die Rechnungen per App erfasst und sofort online der Versicherung zur Verfügung gestellt werden. Der Kunde muss also nichts kuvertieren, weder Post noch Briefkasten aufsuchen und kein Porto investieren.“

HRCIE: „Was wird sich bis ca. 2020 grundlegend geändert haben?“

Sascha Luithardt: „Die Kunden werden andere Produkte nachfragen – und die „Geiz ist Geil-Mentalität“ wird abnehmen. Die Kunden sind bereit, mehr Geld für Service und Beratung auszugeben. Dienstleistung wird also ein wichtiges Verkaufsargument werden. Zudem werden sich die Grenzen zwischen Online- und Offline-Verkaufsprozess auflösen. In der Organisation werden Verantwortung und Entscheidungen nach unten delegiert sein – und die Hierarchien deutlich flacher. Mitarbeiter werden entsprechend entwickelt und haben die erforderlichen Kompetenzen. Dabei spielt die Agilität bzw. ein agiles Vorgehen eine zentrale Rolle.“

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Luithardt!

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