Agilität, Cloud und Digitalisierung sorgen in der aktuellen Managementdiskussion für Begeisterung. Wenn diese Faktoren aber echten Mehrwert bringen sollen, braucht es ein tieferes Verständnis.

Neulich unter der Dusche (Sie wissen schon, dort wo immer die besten Ideen kommen sollten), fällt mein Blick auf das neue Shampoo meiner Frau. Kein Name, keine Beschreibung, nur drei Worte: «Fair – Organic – Vegan».
Was für ein Statement! Fast hätte ich aus der Flasche getrunken. Da es meinem nicht mehr sprießenden Haupthaar keinen wesentlichen Nutzen stiften würde, verzichtete ich auf einen Test – und ließ mich zum Nachdenken anregen: Statt konkreten Versprechen, à la «Drei-Wetter-Taft», reicht heute «Fair, Organic, Vegan». Die Haltung ist wichtig: «Fair» steht für: «keine Ausbeutung der Produzenten der Rohstoffe»; «Organic» bedeutet: «ohne Schädigung der Umwelt» und «Vegan» heißt: «keine Verletzung der Tierwelt». Dies ist ein (Marken-)Trend: Konkrete Bezeichnungen verselbständigen sich zu abstrakten Werten – möglichst positiv besetzten, die das Gefühl der Konsumenten ansprechen.

Dreiklänge sind dafür von jeher ein probates Mittel, etwa: «Einigkeit und Recht und Freiheit», «Big, Best, Bold» (ein interner Leitspruch aus meiner Zeit bei Cap Gemini) oder «Quadratisch. Praktisch. Gut». Drei ist eine magische Zahl. Ein Tisch mit drei Beinen wackelt nie. Drei Dinge suggerieren Stabilität und Sicherheit.

Agilität, Cloud, Digitalisierung.

Dieses Rezept lässt sich auch auf die IT- und Business Intelligence-Welt übertragen. Besonders prädestiniert dafür erscheinen mir: Agilität, Cloud und Digitalisierung. Auf keiner Konferenz, Messe oder einer anderen beliebigen Veranstaltung zum Thema IT oder Management entgehen wir diesen Begriffen. Sie stehen synonym für «modern, anders, besser» und sind auch in der betrieblichen Realität zu einer Conditio sine qua non für eine leistungsfähige Informationstechnologie herangereift:

«Agil» – die Formel, um komplexe Projekte zum bestmöglichen Kundennutzen zu bewältigen. Verkörpert durch die Figur des agilen Coachs, hat sie ihre Wurzeln in den 1990er Jahren und hält jetzt Einzug ins Management.
«Cloud» – eine Technik, die eine verteilte, beliebig skalierbare Datenhaltung erlaubt. Dienste und Applikationen sind zentral verfügbar, können nach Bedarf ein- und ausgeschaltet werden.
«Digital» – die Grundlage der nächsten industriellen Revolution. Diese umfasst das Internet of Things (IoT), die Automatisierung von Dienstleistungsprozessen, am besten auf der Basis künstlicher Intelligenz, und die Verknüpfung unternehmensübergreifender Abläufe und Systeme .

Bei diesem modernen Dreiklang handelt es sich um die jüngste Stufe einer Entwicklung von IT- und Management-Ansätzen, die Mängel bisheriger Methoden und Verfahren beseitigen sollen oder die technischen Möglichkeiten moderner Infrastrukturen zur allgemeinen Produktivitätssteigerung nutzen.

Natürlich gibt es Kritiker; mit der Umsetzung hapert es oft auch. Aber ein kultureller Wandel ist notwendig. Und dieser bringt Probleme mit sich: Wer etwa ist schon so konsequent, Mitarbeitern und Anwendern die Projektverantwortung zu überlassen? Und was machen diese selbstbewussten, kritischen Köpfe anschließend?

Zwischen Nutzwert und Verständnis.

Auch hinsichtlich des Rechnens in der Cloud werden schnell Zweifel vorgetragen: zum Beispiel ob denn die Datensicherheit gewährleistet sei? Generell sind die Einwände meist vorgeschoben.

Besonders schwierig wird es beim abstraktesten Teil des Dreiklangs: der Digitalisierung. Im Vergleich zu ihr ist Cloud schon fast ein physisch greifbares Objekt. Der Terminus «Digitalisierung» ist älter als «Agilität» und luftiger als jede Cloud. Aber dahinter verbirgt sich konkreter Nutzwert. Denn eine konsequente digitale Transformation bringt den meisten Unternehmen erhebliche Wettbewerbsvorteile. Sie senken damit unter anderem ihre Personalkosten und erreichen

eine höhere Kundenbindung.
Dabei dürfen die Begriffe aber nicht zu leeren Worthülsen verkommen. Entscheidend ist das Verständnis für die Wirklichkeit – unabhängig davon, ob sie sich in Dreiklängen fassen lässt. Und ganz gleich, ob vegan oder nicht vegan.

Autor: Frank Hendricks, geschäftsführender Gesellschafter von HENDRICKS, ROST & CIE.

Quelle: BUSINESS INTELLIGENCE MAGAZINE, www.bi-magazine.net
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