Startseite Insights Fachartikel Die Vorteile eines integrierten BI-Ansatzes in Versicherungsunternehmen

Expertenbeitrag von Frank Hendricks im Business Intelligence Magazine, März 2015

Risikospiegelungen.

Das Geschäft mit Risiken benötigt starke Business-Intelligence-Systeme. Versicherungen setzen sie vor allem ein, um ein exzellentes Controlling zu gewährleisten. Entscheidend ist dabei ein integrierter Ansatz.

Die geschäftliche Ausgangssituation der Versicherungen unterliegt gegenüber anderen Branchen einigen Besonderheiten: Das Geschäft mit der Unsicherheit braucht sehr leistungsfähige Business Intelligence-Systeme mit einer Vielzahl an unterschiedlichen betrieblichen Funktionen und Prozessen.

Diese umfassen unter anderem das Bearbeiten von Versicherungsanträgen oder Schadensfällen, die versicherungsmathematische Berechnung und das Management von Ressourcen – wie etwa Personal, Immobilien oder Daten – genauso wie Vertrieb und Marketing oder die Betriebsorganisation. Vor allem unterstützen sie die Geschäftsführung. Zu diesen Governance-Funktionen gehören zum Beispiel Controlling und Risiko-Management.

Im Detail hilft das Controlling dem Management bei der Entscheidungsfindung durch fundierte Analysen, Szenarien und die Abbildung von Zielen in Unternehmensplänen ebenso wie in Forecasts. Zur Umsetzung der Ziele bedarf es eines effektiven Maßnahmencontrollings mit eigenem Reporting zur Überwachung des Zielerreichungsgrades. Auf diesem Gebiet unterscheidet sich die Assekuranz relativ wenig von anderen Branchen.

Auf dem Gebiet des Risiko-Managements jedoch müssen Versicherungsunternehmen wesentlich höhere Anforderungen hinsichtlich der Ausgestaltung des Risiko-Managementsystems erfüllen. Entsprechende staatliche Vorgaben wurden im Rahmen eines EU-weiten Projekts unter dem Namen Solvency II entwickelt und nun in Kraft gesetzt. Hierzu gehören schärfere Anforderungen an die Kapitalausstattung, die Risikobewertung, den gesamten Risikomanagementprozess sowie dessen Offenlegung und Einbindung in die Entscheidungsabläufe.

Auch für die Rechnungslegung nach HGB und IFRS gibt es für Versicherungsgesellschaften besondere Vorschriften, die ihren Ausdruck unter anderem in einer speziellen Gliederung der Erträge und Aufwände sowie des Vermögens und des Eigen- respektive Fremdkapitals finden. Die versicherungstechnischen Daten werden in Aktuariaten (Versicherungsmathematik), die Kapitalanlagedaten im Asset Management vorbereitet.

Das Rechnungswesen ermittelt die restlichen Positionen und integriert anschließend alle Daten zu einer vollständigen Bilanz sowie einer Gewinn- und Verlustrechnung. Im Controlling laufen alle Daten zum Zwecke der Unternehmensplanung und -steuerung zusammen. Daraus ergibt sich ein grundsätzlicher Unterschied zu anderen Branchen: Die Grenzen zwischen Controlling und Rechnungswesen verwischen hier und erfordern daher eine hochintegrierte Prozess- und Systemumgebung.

Wie in jedem Unternehmen haben die einzelnen betrieblichen Funktionen ihre jeweiligen Anforderungen und entsprechend entsteht eine relativ hohe Anzahl individueller Prozesse und Applikationen. Sämtliche betrieblichen Funktionen stehen mehr oder weniger in Beziehung zueinander und bilden damit ein sehr umfangreiches Netz.

Bedarfsgerechte Informationen via BI.

Letztlich muss der Anspruch an ein Informationssystem darin bestehen, dass die gesamte Unternehmenssteuerung und damit alle einzelnen Funktionen unterstützt werden. Hierbei werden auch die jeweiligen Anforderungen unterschiedlicher Hierarchiestufen hinsichtlich des Datendetaillierungsgrads berücksichtigt: So benötigt ein Aufsichtsrats- oder Vorstandsmitglied eher hoch aggregierte Daten, während ein Abteilungsleiter die Details für seinen Bereich benötigt.

Dabei dient Business Intelligence der Informationsversorgung und der funktionalen Unterstützung von Fach- und Führungskräften im Hinblick auf strategische und operative Führung – insbesondere bei Anforderungen aus Planung, Risikomanagement und Unternehmenssteuerung. Dies geschieht auf zwei Ebenen:

Der Aufbau einer BI-Umgebung ist zum einen ein IT-Thema, das in Form von Data Warehouse-Lösungen und multidimensionalen Analyse- und Reporting-Plattformen mittlerweile einen hohen Standardisierungs- und Reifegrad besitzt.

Erfolgreiche Business Intelligence-Systeme umfassen aber vor allem die organisatorische Dimension, denn es müssen Informationsflüsse in einer Supply Chain zur Verfügung gestellt werden – zur richtigen Zeit, an den gewünschten Empfänger, in der geforderten Qualität. Dieser Prozess der Informationsversorgung durchläuft alle Abteilungen und Hierarchien, die jeweils sowohl Absender als auch Empfänger der Informationen sind.

Zur Koordination von Bedarf, Angebot und Interesse an entscheidungsrelevanter Information gibt es eine Reihe von Ansätzen, die aber oft an der Unternehmensrealität scheitern. Versicherungsunternehmen haben in der Regel einen sehr großen IT-Bereich, der für den Betrieb der operativen Systeme sowie die Entwicklung und Einführung innovativer Systeme inklusive eines Data Warehouses verantwortlich ist. Die Komplexität der Systeme und der Technologien erfordert technisch ausgebildetes Personal, das hochspezialisierte Kenntnisse besitzt.

Andererseits müssen die geschäftlichen Anwender und Entscheidungsträger im Management mit ihren jeweiligen speziellen Informationsbedürfnissen aus diesen Systemen bedient werden.

Die Kommunikation zwischen diesen Bereichen ist oft genug problematisch, weil das Verständnis für die Aufgaben und Herausforderungen der anderen Seite fehlt und die spezifischen Fachtermini dem Gegenüber oft unbekannt sind und abschreckend wirken. Deshalb werden zur Überbrückung dieser kommunikativen Lücke projektbezogen interdisziplinäre Berater hinzugezogen.

Eine kontinuierliche Supply Chain von Daten benötigt jedoch mehr und kann nur organisatorisch verankert den Anforderungen der Koordination von Informationsflüssen genügen.

Gut geordnete, kontinuierliche Wertschöpfungskette für Informationen.

Sauber getrennt nach den Geschäftsprozessen im Controlling und Risikomanagement werden die Daten aus allen essentiellen Unternehmensteilen einer Versicherung gesammelt und strukturiert und dem Management laufend in komprimierter Form zugeleitet.

Vorteil eines integrierten BI-Systems.

Deshalb ist neben der Einrichtung von BI-Gremien, «Coordination Boards» und ähnlichen interdisziplinär besetzten, regelmäßigen Meetings immer häufiger eine dezidierte organisatorische Einheit anzutreffen, die als Querschnittsfunktion neben der IT, dem Controlling und weiteren Unterstützungs- und Steuerungsbereichen etabliert wird: ein Business Intelligence Competence Center (BICC). Bereits 2003 sprach sich das Institut Gartner Group für den Aufbau einer solchen Einrichtung aus. Mittlerweile ist sie in einigen Versicherungsunternehmen auch anzutreffen.

Ein solches BICC soll die vollständige Informationsversorgung der Entscheidungsträger sicherzustellen: von der Planung, Auswahl und Begleitung der BI-Einführung über die Sicherstellung des Return on Invest bis hin zur Definition und Entwicklung von Standards zur Informationsbedarfsanalyse, BI-Infrastruktur und -Entwicklungsrichtlinien.

Die Besetzung eines geeigneten Teams mit fachlich übergreifend kompetenten Mitarbeitern erweist sich oft als schwierig. Zudem entzieht man den Abteilungen IT und Controlling einige Verantwortlichkeiten, was wiederum zu unnötigem Konkurrenzkampf und fehlender Akzeptanz eines BICC führen kann.

Deshalb bedarf es neben den üblichen BI-Ansätzen wie einem integrierten Data-Warehouse und einer Analyse-, Reporting- und Planungsplattform auch einer bedarfsgerechten Gestaltung von Informationsversorgungsprozessen. Das Handling großer Datenbestände ist heute technisch so gut lösbar wie nie zuvor. Die Herausforderung liegt in der Generierung entscheidungsrelevanter Information.

Was indes «entscheidungsrelevant» ist, definieren die Entscheidungsträger. Diesen eine verständliche, reduzierte und klare Informationsbasis bereitzustellen, ist mehr als eine technische Aufgabe. Dahinter steckt eine Wertschöpfungskette, in der koordiniert und interdisziplinär viele Beteiligte mitwirken.

Dieser Prozess muss geplant, etabliert und überwacht werden – so wie alle anderen Wertschöpfungsprozesse in Versicherungsunternehmen auch.
Keine Sorge: Die organisatorischen Grundlagen dafür sind in der Regel vorhanden.

Ein integrierter Business Intelligence-Ansatz unterstützt das Management in der Assekuranz.

Wegen des hochgradig risikoreichen Geschäfts und der vielen, besonderen Vorschriften benötigen Versicherungen eine extrem strukturierte Herangehensweise an das Thema Business Intelligence. Wenn dem Management dies gelingt, locken eine ganze Reihe von Vorteilen.

Ein Beitrag von Frank Hendricks, Geschäftsführer der HENDRICKS, ROST & CIE. GmbH

Quelle: BUSINESS INTELLIGENCE MAGAZINE, www.bi-magazine.net
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