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Business Intelligence: Drei Mythen über die heterogene IT-Landschaft

15.November 2017

Schatten-IT und Insellösungen verhindern in vielen Unternehmen, dass Mitarbeiter schnell und effektiv auf die Kennzahlen zugreifen können, die sie für ihre Arbeit dringend brauchen. Stattdessen sind sie mit der Pflege eines unüberschaubaren Missstandes beauftragt, der aus immer mehr Daten und Datentöpfen resultiert. Christoph Hein, Berater bei HENDRICKS, ROST & CIE. beschreibt, welchen drei Mythen Unternehmen immer noch aufsitzen und wie sie es schaffen, ihre Daten zu einem gut funktionierenden Produktionsfaktor zu machen.

Kennzahlen dringend gesucht!

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Herr Müller – Controller bei der Bike AG, einem Hersteller von Fahrrädern und Betreiber zugehöriger Fahrradwerkstätten – soll für eine Vorstandssitzung einen Umsatzüberblick über alle Produkte der letzten Jahre vorbereiten. Er macht sich also auf den Weg. Den Umsatz der Produktsparte Fahrräder findet er recht schnell im zentralen SAP-System, auch wenn er dafür die Hilfe seines Kollegen Schmitt aus der Buchhaltung beanspruchen muss. Den Umsatz für Ersatzteile sucht er sich manuell über die verschiedenen Ersatzteilgruppen des Lagerverwaltungssystems zusammen. Schließlich benötigt er noch den Umsatz aus dem Bereich Services, also Wartung und Reparaturen von Fahrrädern. Dafür telefoniert er mit jeder einzelnen Werkstatt und überträgt die erfragten Daten in eine Excel-Tabelle, die er dafür angelegt hat. Den so berechneten Gesamtumsatz präsentiert er eine Woche später seinem Chef. Der fragt ihn daraufhin, ob er denn den Brand im Wuppertaler Ersatzteillager vom Vortag schon berücksichtigt habe. Daraufhin storniert Herr Müller seinen Urlaub – und fängt wieder von vorne an!

Daten: Der vierte Produktionsfaktor

Wem diese Situation bekannt vorkommt, der weiß um die Probleme von Schatten-IT und Insellösungen im Unternehmen. Dabei sind Daten heutzutage der vierte Produktionsfaktor – das neue Öl. Daten sind essentieller Treiber neuer Geschäftsmodelle und bestimmender Einflussfaktor für künftige Unternehmenskulturen. Doch wie sollen Unternehmen den Wandel zur vielzitierten „Data driven company“ vollziehen, wenn der technische Unterbau nicht stimmt? Wie sollen Daten und die daraus resultierenden Informationen in angewandtes Wissen übersetzt und vor allem sämtlichen Unternehmensbereichen gemäß individuellen Anforderungen zur Verfügung gestellt werden? Die immer größere Zahl von IT-Systemen macht ein schnelles und effektives Arbeiten unmöglich. Die Mitarbeiter können nicht auf die Kennzahlen zugreifen, die sie für ihre Arbeit brauchen. Immer mehr Datentöpfe und immer mehr Daten führen dazu, dass Mitarbeiter mit der Pflege eines unüberschaubaren Missstandes beauftragt werden. Hinzu kommt: Unternehmen begeben sich in Abhängigkeiten von einzelnen Mitarbeitern, die Inselwissen über spezielle Systeme sammeln.

Mythos 1: „Wir fahren eine SAP-Strategie”

“You can’t get fired for buying IBM.” Frei übersetzt heißt das: Du kannst für den Kauf von IBM-Produkten nicht gefeuert werden. Auch wenn dieser Spruch noch aus der Zeit von Mainframe-Systemen stammt und in Deutschland viel eher „Du kannst nicht gefeuert werden, wenn du SAP gekauft hast“ lauten müsste, illustriert er sehr deutlich, welchem Irrglauben die meisten Unternehmen noch nachhängen: Es wird Software gekauft, nur weil sie von einem bestimmten Hersteller kommt.

In einer idealen Welt würde es natürlich nur die eine Software geben, die alle aktuellen und künftigen Anforderungen des Unternehmens abdeckt. Mitarbeiter hätten dort einen direkten Zugriff auf alle relevanten Kennzahlen. Diejenigen, die dieses Nirvana-artige Stadium erreicht haben, können jetzt durchaus mit dem Lesen aufhören. Dem Rest sei gesagt: Es ist nicht schlimm. Sie sind nicht allein!

Die Digitalisierung aller unternehmerischen Prozesse schreitet konsequent voran. Die IT-Landschaft in Unternehmen wird daher immer differenzierter und umfangreicher. Gleiches gilt auch für die angebotenen Software-Lösungen. Allerdings sollte man jetzt nicht daraus schließen, sich auf einen der großen Namen als Hauslieferanten zurückzuziehen. Vielmehr gilt es individuell zu evaluieren, welche Chancen der Markt bietet, um die optimale Lösung für den jeweiligen Anwendungsfall zu ermitteln.

Mythos 2: „Wir packen alles in das DataWarehouse“

Aus unterschiedlichen Gründen entspricht das eine allwissende DataWarehouse (DWH) nicht der Realität. Vielfach spricht man inzwischen vom Scheitern des klassischen DWH-Ansatzes. Die Homogenisierung von Daten ist nur bis zu einem gewissen Grad erfolgreich. Überschreitet man diese Linie, sind die Kosten des Informationsverlustes aufgrund der Homogenisierung höher als die Einsparungen durch die Zusammenführung der Daten. Wenn es also nicht eine zentrale Datenquelle geben kann, führt kein Weg an einer Multi-Source-Strategie vorbei.

Aber auch hier müssen Unternehmen darauf achten, dass aus der Multi-Source-Strategie nicht eine Infinite-Source-Strategie wird. Der sogenannte „Single Point of Entry“ muss geschaffen werden. Hierüber können alle Mitarbeiter transparent die Zusammenhänge von Kennzahlen und Informationen ersehen. Dies kann mit einem Tool erfolgen, das Zugriff auf alle Datenquellen im Unternehmen bietet. Ebenso ist die Umsetzung mittels einer nachvollziehbaren Dokumentation möglich. Der entscheidende Punkt ist nicht die Software, sondern die Transparenz des Informationsflusses. Es müssen schließlich auch IT-ferne Mitarbeiter (Management) durch die Untiefen der Unternehmensdaten geführt werden.

Dennoch sollten Unternehmen darauf achten, dass die Infrastruktur zentral durch eine spezielle IT-Abteilung bereitgestellt und gewartet wird. Zwar müssen die Datentöpfe im Rahmen der Möglichkeiten von den Fachbereichen betreut werden, allein aus Gründen der Akzeptanz, aber es lassen sich ohne Zweifel Synergieeffekte durch eine zentrale Beschaffung und Betreuung erzielen. Vor allem, weil in Zeiten von mobilen Lösungen und dem „Internet der Dinge“ viele hochkomplexe Fragestellungen technischer Natur auftauchen.

Mythos 3: „Wir haben bereits ein Tool dafür im Haus”

Die Anforderungen an ein Business-Intelligence-System können sich je nach Rolle und Abteilung des Mitarbeiters erheblich unterscheiden. So muss ein Controller primär die Zahlen in ihrer puren Form (als Tabelle) sehen und Grundlagenarbeit betreiben, ein Manager hingegen möchte zwischen den Meetings oder zu Beginn des Tages nur kurz prüfen, ob die Ampel für das Unternehmen auf Grün, Gelb oder Rot steht. Der Außendienstler wiederum möchte ein mobiles Dashboard mit allen wichtigen Kennzahlen zum Kunden, bei dem er sich gerade befindet.

Die passende Software zu finden, die alle Anforderungen erfüllt, kann sich als sehr schwierig herausstellen. Für einzelne Anwendungsfälle können zusätzliche Speziallösungen oft zielführender sein, da sie Sonderanforderungen abdecken, ohne das Standardtool weiter zu überfrachten. Denn es gilt: Man kann nicht alle Mitarbeiter über einen Kamm scheren!

Fazit: Auf das Business-IT-Alignment kommt es an

Obwohl Business Intelligence inzwischen kein alter Hut mehr ist, scheitern immer noch viele BI-Projekte in den Unternehmen. Warum? Weil unter anderem die drei in diesem Beitrag genannten Punkte nicht berücksichtigt werden:

1. Es wird Software gekauft, nur weil sie von einem bestimmten Hersteller kommt.

2. Es werden unterschiedliche Daten in einer Datenbank vermischt, die eigentlich nicht zusammengehören.

3. Es wird Software für Anforderungen eingesetzt, für die andere Tools die effizientere Lösung wären.

All dies sind Beispiele für ein Versagen des Business-IT-Alignments – also des Zusammenspiels von Fachabteilung, IT-Abteilung und Management. Gerade im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung wird es allerdings für Unternehmen immer wichtiger, an diesen Schnittstellen eine konstruktive Arbeit zu ermöglichen. Die Voraussetzung dafür ist das geeignete Personal – egal ob internes oder externes.

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